Mein Debüt-Roman „Talking to the Moon“ ist abgeschlossen, die Satzfahne durchgecheckt und jetzt wartet nur noch der Druck! Fertig. Äh, Moment mal. Da war ja noch was. Das nächste Buch! Natürlich ist „Talking to the Moon“ nicht das erste Buch, das ich geschrieben habe. Ein kleines Bündel alter Manuskripte schlummert daheim in meiner Schublade. Schade? Macht nichts. Denn jeder einzelne Satz war eine gute Übung. Ich konnte in der Vergangenheit viele verschiedene Plottingmethoden bzw. Strukturen ausprobieren bis ich gefunden habe, was für mich funktioniert.
In diesem Beitrag stelle ich euch eine von drei Strukturen vor, mit denen ich die Geschichte von Jaad&Judy geplottet und geschrieben habe.
Auf der Suche nach einer Struktur, die mir helfen würde, Wohlfühl-Vibes in mein Buch zu bringen, habe ich mich gefragt: welche Geschichten vermitteln eigentlich mir dieses Gefühl? Zum Beispiel ein alter Lieblingsfilm, den man immer wieder mal anschaut, wenn man sich nicht so gut fühlt oder auch wenn einem einfach langweilig ist. Immer wenn mir mulmig ist, muss ich an „Das wandelnde Schloss“ denken. Eine Ghibli Produktion!
Im Internet wurde ich auf ein paar Videos gestoßen, die sich mit Ghibli Filmen auseinandersetzten. Was verleiht den Ghibli Filmen diese ganz besondere Stimmung, die sie ganz leicht zu Comfort Movies macht?
Nicht nur die schönen Bilder, die herzigen Charaktere und die tolle Musik tragen dazu bei, sondern auch die Art, wie diese Geschichten erzählt werden. In mir erzeugen sie dieses Gefühl, wie wenn man als Kind frisch gebadet, mit Handtuchturban, schrumpeliger Haut und müden, geröteten Augen vor dem Fernseher sitzt und sich einlullen lässt von der wundersamen Welt der Ghibli-Filme, zum Beispiel „Mein Nachbar Totoro“ oder „Kikis kleiner Lieferservice“.
Ich persönlich möchte genau das gleiche Gefühl auch gerne bei meinen Leser*innen erzeugen. Deshalb habe ich mich auf die Suche gemacht und etwas gefunden.Zunächst erscheint diese Plot Structure als nicht besonders – so als kenne man sie eigentlich schon. Liest man jedoch die einzelnen Erklärungen der Punkte, geht einem ein Licht auf.
„10 Storytelling Elements“
1. The Contract (make a promise, yay!)
2. The Pull (hold on, keep it light!)
3. The Incident (THE event!)
4. The Reveal (MC learns what story is really about. World upside down…)
5. Point of No Return (Oh, oh! Impossible decision has to be made.)
6. Mini Climax (Noooo! Forces of evil have to have an epic win!)
7. All is Lost Moment (Boohoohooo, despair!)
8. News of Hope (Omg! Side kick! There’s hope!)
9. Climax (Shit hits the fan! But HERO STILL OVERCOMES and wins!)
10.The End (public displays of relief! Hero evolved, YEAH!)
Ich glaube, der Sog, der von Ghibli-Filmen ausgeht, liegt vielleicht in dem ganz klar definierten ersten Punkt.
„1.The Contract: In the very beginning you have to make a promise. Will this be violent? Scary? Fun? Tense? Dramatic?“
In meinem Contract zu „Talking to the Moon“ stand: Diese Geschichte wird cozy und romantisch, aber auch ein wenig dramatisch.
Die Kunst lag dann darin, dieses Versprechen auch einzuhalten. Denn neben fluffiger Liebe, Musik, Kaffeeduft, kalifornischer Sonne und Hundeschnauze geht es in Judys und Jaads Geschichte auch um Rassismus.
Rassismus und cozy? Das war gar nicht einfach. Die Wage zu finden zwischen ernst-dramatisch und liebevoll-romantisch … puh. Manches Mal habe ich mir dabei echt den Kopf zerbrochen. Doch mit den 10 Storytelling Elements à la Ghibli war es mir möglich, immer wieder den Weg zu dieser ruhigen, gemütlichen, wundersamen Atmosphäre zu finden.
Auch wenn Punkt 6 „Mini Climax“ diktiert: „Sorry, but you must allow the forces of evil to have an epic win“ und darauf der „All is Lost Moment“ folgt – Punkt 7 – in dem die Protagonistin sich so hoffnungslos und verloren fühlt.
Doch von „Mein Nachbar Totoro“ und der daraufbasierende Plot Structure habe ich gelernt, wie ich das Ruder dann doch wieder rumreißen kann, um zu der wundersamen, cozy Atmosphäre zurückzugelangen. Trommelwirbel bitte füüüüüür: Punkt 8: News of Hope!
Wer liebt nicht einen herzigen Side Kick? Ein Nebencharakter, ein guter Freund oder eine stille Beteiligte, eine Person, die genau im richtigen Moment auftaucht. Gerade dann, wenn die Protagonist*innen nur noch absolut schwarz sehen. Gerade dann hat dieser wundervolle Side Kick plötzlich einen Rat aus Gold oder eine wervolle Info parat – und manchmal opfert sich der Side Kick sogar, damit die Protagonist*innen noch einmal so richtig Kraft schöpfen können oder eine neue Chance kriegen, sich gegen die Forces of Evil zu wehren.
Während Judy in „Talking to the Moon“ sich ein wenig selbst aus ihrer Misere manövrieren muss, hat Jaad diesen Side Kick an seiner Seite. Ist es sein schwarzer Labrador Kingston? Ist es sein Bandmitglied und langjähriger Freund Flurry? Flurry oder Kinsgton, Kingston oder Flurry? Hmmm. Geheimnis. Verrate ich nicht. Sonst breche ich ja den Contract. Erinnert ihr euch?
„Diese Geschichte wird cozy und romantisch, aber auch ein wenig dramatisch.“
Dramatisch, weil, naja – Rassimus. Cozy und romantisch, weil… hach: Strand, Sonne, Kaffe, Musik, Jaad&Judy und die Liebe. Und so absurd es klingt: Rassismus und Cozy … Ich glaube, das habe ich wirklich geschafft und ich kann es kaum erwarten, bis ihr das Buch lest und mir eure Meinung dazu sagt!
Habt ihr eine liebste Plotstruktur? Würdet ihr die „10 Storytelling Elements“ auch mal ausprobieren, oder sagt euch das so gar nicht zu?